Michael Scheffler (CDU): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Bevor ich Berufspolitiker wurde, habe ich 22 Jahre in der Energiebranche gearbeitet. Zuletzt war meine Aufgabe, Konzessionen zum Betrieb von Strom- und Gasnetzen mit den Kommunen abzuschließen. Diese Verträge werden letztendlich vom Rat einer Kommune gebilligt. Nicht selten kamen Fragen vonseiten einzelner Kommunalvertreter, was wir von Energiegenossenschaften halten.

Wenn man aber über die erste Idee hinweg war und weiter fragte, stellten wir häufig fest, dass die Resonanz recht klein bis gar nicht vorhanden war. Von westdeutschen Konzernschwestern wusste wir aber, dass dort Energiegenossenschaften eigentlich recht gut laufen. Es musste also Gründe geben, warum das im Osten nicht funktioniert. Wenn man dann mit anderen Gemeinderäten oder Bürgern ins Gespräch kam, hörte man den Hauptgrund: Unsere Bürgerinnen und Bürger haben einfach nicht so viel Geld übrig, um es in einer Genossenschaft anzulegen.

Nun werden Sie erwidern, aber es gibt doch erfolgreiche Energiegemeinschaften, und als erstes werden Sie Dardesheim nennen. Da haben Sie recht, aber erstens hat es Dardesheim ohne Ihr Förderprogramm geschafft, und zweitens finde ich es immer wieder überraschend, dass viele andere Gemeinderäte, Politiker aus allen Ebenen seit Jahren nach Dardesheim fahren, sich dort über die Energiegemeinschaft freuen, es aber nicht schaffen, etwas Ähnliches in ihrer Heimatregion aufzubauen.

Zurzeit gibt es ein ähnliches Phänomen zu beobachten. Es geht um Nahwärmenetze. In den Städten Südliches Anhalt und Zörbig gab es eine große Bereitschaft, mit einem Partner zusammenzuarbeiten. Wenn man mit den Aktiven vor Ort ins Gespräch kommt, merkt man deren Begeisterung. Aber schon in der Nachbargemeinde Petersberg funktioniert das gleiche System nicht so überzeugend.

Aber dass das in Petersberg nicht so überzeugend klappt oder dass die aus Dardesheim zurückfahrenden begeisterten Kommunalpolitiker zu Hause das nicht umsetzen, hängt nicht an fehlender Anschubfinanzierung oder unzureichender Förderung, sondern eher an der politischen Durchsetzbarkeit.

(Beifall bei der CDU - Marco Tullner, CDU: Sehr richtig!)

Kommunalpolitiker wissen, wenn sie gegen die Meinung ihrer Bürger Projekte forcieren, wird es mit der Wiederwahl schwierig.

Werte GRÜNE! Nehmen Sie Ihren Antrag und gehen Sie damit einmal durch unser Bundesland. Ich empfehle Ihnen einen Handwerkerstammtisch oder ein Vereinsfrühstück. Dann fragen Sie einmal, wer Ihnen 1 000 € geben möchte, die Sie dann in einer Energiegenossenschaft anlegen. Freundliche Bürgerinnen und Bürger werden Ihnen sagen, dass sie keine 1 000 € übrighaben, andere werden Ihnen ihre Verwunderung zeigen, dass gerade Sie eine gute Idee hätten, deren Geld sinnvoll anzulegen.

Sie haben einmal die Energiewende in Deutschland gestartet. Das Versprechen Ihres grünen Vordenkers war, es wird nicht teurer als eine Kugel Eis. Was er verschwiegen hat, ist: Die Kugel Eis kostet auch nicht mehr 50 Cent.

(Lachen bei und Beifall von der CDU und von der FDP)

Sie tragen jetzt in Deutschland seit zwei Jahren wieder Verantwortung. Seitdem haben sich die Energiepreise massiv verteuert, aber statt eines Planes für die Energieversorgung unseres hochentwickelten Industrielandes verursachen Sie Unsicherheit. Sie haben funktionierende Kraftwerkstechnik aus dem Markt genommen, wie man heute im „Cicero“ lesen kann, ideologiegetrieben getrickst.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Der Beschluss kam übrigens von Ihrer Partei!)

- Die Trickserei aber nicht. - Sie versuchen, den Kohleausstieg nach vorn zu ziehen. Bei den Erneuerbaren setzen Sie massiv auf Wind und Sonne, aber Biomasseanlagenbetreiber wissen nicht, ob sie ihre Anlage weiterlaufen lassen. Solche Anlagen, die zur Grundlast beitragen, leiden unter Redispatch, verursacht von volatilen Einspeisern.

Sie haben Flüssiggasverträge mit der halben Welt abgeschlossen und vor den Verhandlungen schon gesagt, Sie tun das, egal, zu welchem Preis. Wer so zu Vertragsabschlüssen fährt, hat noch nie ein Auto oder eine Einbauküche gekauft.

(Beifall bei der CDU - Marco Tullner, CDU: Sehr gut!)

Sie holen das Gas also mit Schiffen - wir brauchen es auch  , aber in Deutschland ist es verpönt, über die Nutzung von einheimischem Schiefergas nachzudenken. Sie wollen Häuser mit Wärmepumpen ausstatten, die sich die Eigentümer nicht leisten wollen oder können, für die es auch im örtlichen Stromnetz jedoch keine Netzkapazitäten gibt.

Es gibt Strom- und Gaspreisbremsen, Milliardenzahlungen an Übertragungsnetzbetreiber, es gibt Druck, die Netzentgelte zu senken und gleichzeitig muss das Netz überall ausgebaut werden. Sagen Sie mir, den Unternehmen und den Bürgern, wie das günstiger werden soll.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Lassen Sie den Markt und die Bürger entscheiden. Beispiele wie Dardesheim und das Wärmenetz in der Region Südliches Anhalt zeigen, dass Bürger, Gemeinden und Unternehmen auch ohne Ihren Antrag erfolgreich sein können.

Zum Schluss noch eine kleine Anekdote aus meinem früheren Berufsalltag: In einem politischen Gespräch mit grünen Abgeordneten erläuterte ein ehemaliger Kollege, ein Netzingenieur, das Kirchhoffsche Gesetz. Das Kirchhoffsche Gesetz sagt im Groben aus, dass die Summe der eingehenden Ströme gleich der Summe der ausgehenden Ströme sein muss. Das ist die Grundlage für die Netzstabilität.

Nach Erläuterung dieses Gesetzes erwiderte eine grüne Abgeordnete: Sehen Sie, das ist gut, dass Sie uns das sagen, weil um Gesetze zu ändern sind wir da. Wir werden uns das Kirchhoffsche Gesetz anschauen und eine Initiative dazu einbringen.

(Lachen bei und Beifall von der CDU und von der FDP)

Ihren Antrag heute lehnen wir ab. - Vielen Dank.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Geschichten aus dem Paulaner Garten!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Scheffler. - Es gibt zwei Nachfragen, wenn Sie diese zulassen, zum einen von Herrn Lizureck, zum anderen von Herrn Kosmehl.


Michael Scheffler (CDU): 

Ja.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Lizureck, bitte.


Frank Otto Lizureck (AfD): 

Vielen Dank für das Zulassen der Nachfrage. - Ich möchte von Ihnen nur ein Statement zu folgendem Sachverhalt haben: Wir wissen, dass viele, auch traditionelle Firmen das Land verlassen. Stihl und Miele sind nach Polen abgewandert.

Der Bundesrechnungshof sagt zur Bezahlbarkeit unserer Energiewende: Auch die Bezahlbarkeit der Stromversorgung ist gefährdet. Sehr hohe Stromkosten belasten die Unternehmen, also den Wirtschaftsstandort Deutschland, und private Haushalte. Die Energiewende geht mit massiven Kosten einher, deshalb sind weitere Preissteigerungen absehbar. Es wird also noch teurer.

Allein der Ausbau der Stromnetze, was Herr Willingmann hier immer verschweigt, erfordert bis 2045 Investitionen in Höhe von 460 Milliarden €. Um den sehr hohen Strompreisen entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung dies wiederholt mit staatlichen Mitteln punktuell bezuschusst. Aber meine Meinung: Wer bezahlt denn diese Mittel? - Jeder Bürger in unserem Land.

Ich möchte von Ihnen wissen: Was meinen Sie? Lässt sich mit dieser Politik dieser Trend umkehren, damit unsere Unternehmer im Land bleiben und hier einen Mehrwert schaffen? Ansonsten können wir nämlich diese Kosten nicht bezahlen.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Scheffler, bitte.


Michael Scheffler (CDU): 

Was ich vorgelesen habe, das ist so. Ich habe gesagt, es funktioniert nicht, dass wir die Stromnetze auf allen Ebenen ausbauen müssen, Niederspannung, Mittelspannung, Hochspannung, Höchstspannung, und am Ende sollen die Netzentgelte sinken. Das kann nicht funktionieren. Das wird nicht günstiger.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Kosmehl.


Guido Kosmehl (FDP): 

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege, ich würde Sie nur zur Klarstellung fragen, weil Sie dankenswerterweise den Widerspruch der GRÜNEN bei der Frage, wie wir an die Energiewende herangehen, aufgezeigt haben. Sie haben zu recht die Schiefergasförderung genannt. Gehe ich davon aus, dass sich die CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt für die Schiefergasförderung gegebenenfalls auch in Sachsen-Anhalt einsetzen wird?


Michael Scheffler (CDU): 

Wenn Sie genau zugehört haben, haben Sie gehört, dass es verpönt ist, darüber nachzudenken. Ich bin der Meinung, man sollte zumindest darüber nachdenken. Wahrscheinlich könnte das Nachdenken dazu führen, dass eine Schiefergasförderung in Europa, in Deutschland anders ist als in Amerika. Vielleicht führt das Nachdenken auch dazu, dass wir keine Schiefergasförderung durchführen.